Der andere Aspekt, der zur Zeit fleißig umgesetzt – und parallel dazu auch sehr gern »kommuniziert« – wird, ist die Ausrüstung konventioneller Kraftwerke mit jenen Eigenschaften, die der Parallelbetrieb mit den nicht planbaren Einspeisungen eben erfordert: War es in der Vergangenheit schlichtweg unerheblich, wie lange ein Kohlekraftwerk brauchte, bis es seine volle Leistung erreichte, so liest man heute insbesondere bei Neuanlagen Mitteilungen wie »In 15 Minuten kann jeder Block der BoA 2&3 seine Leistung um mehr als 500 MW reduzieren beziehungsweise erhöhen«. Unerwähnt bleibt dort, dass ein herkömmliches Braunkohlekraftwerk sich gewöhnlich nicht unter 40% seiner Nennleistung betreiben lässt: Die Kesseltemperatur sinkt sonst so weit ab, dass ein Betrieb nicht mehr möglich ist. Neue Anlagen, bei denen auf diesen Punkt aus den aktuellen Gründen geachtet wird, schaffen es schon bis 20%.
Unkommentiert bleibt dort jedoch auch, dass die Anfahrzeit herkömmlicher Braunkohlekraftwerke anderen Orts mit 6 bis 10 Stunden angegeben wird. Die Angaben zum Wirkungsgrad reichen heute bis 47% – bezogen jedoch auf die Nennleistung. »Derzeit lassen sich die Blöcke im Kraftwerk Schwarze Pumpe, das 1999 als für die Grundlast-Stromversorgung konzipierte Anlage in Betrieb ging, bereits bis auf 47% der Kohlefeuerwärmeleistung und 44% der Stromerzeugung herunterfahren. Wichtig dabei ist, dass die Kessel nicht völlig abgeschaltet werden müssen – ein neues Hochfahren würde [laut dieser Quelle sogar] mehrere Tage dauern«, liest man, und »Durch die Kombination einer innovativen Brennertechnologie und eines hochveredelten Rohstoffs konnte die Mindestlast des 500-MW-Blockes von ursprünglich 36% auf 20% der installierten Leistung (100 MW) gesenkt werden«. Wann der Rohstoff »hochveredelt« ist und wie viel Aufwand, Energie und Rohstoff(e) dies nun wieder frisst, steht dort auch nicht.
Die »Kommunikation« (die früher bedeutete »wir reden miteinander« und heute bestenfalls noch heißt »ich quatsche dich so lange voll, bis du endlich kaufst, was du kaufen sollst«), wollte es auch, dass man vor Zeiten hörte, Kernkraftwerke seien zum Auf- und Abregeln völlig ungeeignet und müssten daher stets mit voller Leistung laufen. Als die drohende Abschaltung vor der Tür stand, verlautete auf einmal, Kernkraftwerke seien recht gut regelbar und daher zum Ausgleich unsteter regenerativer Einspeisungen geradezu prädestiniert. »Kernkraftwerke sind technisch in der Lage, Leistungsgradienten von bis zu 2%/min und Leistungshübe von 50 bis 100% zu fahren, bisher werden sie aus wirtschaftlichen Gründen jedoch selten gedrosselt.« Geholfen hat es ihnen letztlich nichts. Die Wahrheit scheint vielmehr zu sein, dass ein Kernkraftwerk zwar Tage zum Anfahren und Abfahren benötigt, sehr wohl aber die Leistung sich innerhalb von Minuten um bis zu 50% senken lässt. Angeblich hat man dies aus Sicherheitsgründen früher nicht getan, doch dürfte der Hintergrund wohl der sein, dass dies betriebswirtschaftlich unrentabel ist: Die Errichtungskosten sind sehr hoch und die für den »Brennstoff« niedrig (im chemischen Sinne brennt hier nichts, außer ab und zu mal in Japan oder in der Ukraine). Schließlich ist der Energie-Inhalt hoch angereicherten »Kernbrennstoffs« rund 6 Größenordnungen höher als der Brennwert fossiler Brennstoffe. Somit entspricht 1 g hoch radioaktiven Abfalls ganz grob 1 t CO2. Bezieht man den Vergleich auf das Volumen statt auf die Masse, so liegen schon 10 statt »nur« 6 Zehnerstellen dazwischen. Diese Verhältnisse und deren Bedeutung für eine alternative Struktur der Stromerzeugung werden aber praktisch nie »kommuniziert«.
Bemerkenswert ist hieran, wie niedrig die eigentlichen Energiekosten der Kernkraft liegen (Tabelle 5.1). Durch die jeweiligen Wirkungsgrade der Kraftwerke geteilt, müssten sich grob die Grenzkosten nach Bild 6.5 ergeben. Diese liegen dort bei rund 10 €/(MWh). Nach Tabelle 5.1 kommt man, indem man den dortigen Wert durch den Wirkungsgrad des Kraftwerks teilt, lediglich auf »Brennstoffkosten« um einen Cent je Megawattstunde. Der in den Stromgestehungskosten um den Faktor 1000 höhere Betrag dürfte auf den Aufwand zurück zu führen sein, der hinterher mit dem verbrauchten Betriebsstoff – um ihn einmal so zu nennen – zu geschehen hat. Offensichtlich ist gerade dieser Stoff ganz besonders leicht zu beschaffen und so schwierig zu entsorgen wie kein anderer. Das Verhältnis der Zahlen spricht allerdings dafür, dass dies auch angemessen durchgeführt wird.