Und das ist kein Zufall; fügt sich doch die »Zielkurve Dreieck« schon einigermaßen »harmonisch« in die Sinuskurve der Grundschwingung hinein. Was nun noch in Form von Oberschwingungen beschrieben werden muss, ist die Differenz zwischen beiden – und das ist hier nicht besonders viel.
Ganz anders sieht die Sache im zweiten Fall aus: Das Rechteck ist weit davon entfernt, Ähnlichkeiten mit seiner eigenen Grundschwingung aufzuweisen, also mit einer Sinusschwingung gleicher Frequenz und ähnlicher Amplitude. Entsprechend groß ist die durch Oberschwingungen aufzufüllende Differenz.
Tatsächlich sind die Oberschwingungen kein Gedankenkonstrukt der Mathematiker, sondern existieren wirklich und wahrhaftig physisch im Draht, wo sie sich messen und durch entsprechende Schaltungen auch z. B. voneinander trennen lassen, so dass sie von dort an einzeln in separaten Drähten weiter fließen. Umgekehrt bedeutet dies aber wiederum nicht, dass sich – noch vor der Trennstelle – ein Elektron im selben Moment von links nach rechts bewegt, in dem sich ein anderes von rechts nach links bewegt, auch wenn eine Oberschwingung zum selben Zeitpunkt einen negativen Augenblickswert haben kann, in dem eine andere gerade positiv ist. Hinter der Trennstelle dagegen können sich sehr wohl die Vorzeichen der jeweiligen Augenblickswerte der Ströme in den beiden Leitern unterscheiden. Diese Situation ist jener in den drei Neutralleitern vergleichbar, werden diese separat zum Sternpunkt zurück geführt statt bis zum Punkt der Aufteilung in Einphasen-Stromkreise einen gemeinsamen Neutralleiter zu legen. Die typischen Merkmale und Auswirkungen einer jeden der einzelnen Frequenzen sind aber auch vorher schon, im gemeinsamen Draht vor der Aufteilung, gleichzeitig nachweisbar. Das macht die Vorstellung dessen, was wirklich im Draht abläuft, ein wenig schwierig.
Oberschwingungen entstehen durch nicht lineare Lasten. Dies sind – wiederum anschaulich dargestellt – solche, deren Impedanzen nicht konstant sind, sondern sich mehrmals je Periode des Wechselstromnetzes ändern. Man denke z. B. an eine einfache Diode: In dem Moment, in dem sich der Strom umkehrt, ändert sich die Impedanz nahezu schlagartig von einem sehr niedrigen zu einem sehr hohen Wert oder umgekehrt. Dies und viele ähnliche Zusammenhänge werden Gegenstände der folgenden Ausführungen sein.