Wie schon ausgeführt, ist der THD eine ganz praktische Größe für eine erste, grobe Beurteilung der Quantität der harmonischen »Netzverschmutzung«. Dies sollte darauf hinweisen, dass eine qualitative Betrachtung ebenfalls erforderlich, in dieser Größe aber nicht enthalten ist. Besonders fällt dies in nachfolgendem Beispiel (Bild 11 und Bild 12) auf:
An der Spannung im Endstromkreis erkennt man zunächst einmal, dass sich diese, anders als die der Fernseh-Zuschauer, auch während äußerst brisanter öffentlicher Ereignisse in völlig normalem Rahmen hält – was den Effektivwert angeht (Bild 11). Die Kurvenform weist jedoch eine bis dahin noch nie beobachtete »Verbeulung« von über 5% THD auf. Der »Tatort« brachte es zu jener Zeit auf etwa 4,7%. Deutlich sieht man die Verflachung um den Scheitelwert der Spannungskurve herum, wo die vielen Glättungskondensatoren der Schaltnetzteile in den vielen Fernsehgeräten nachgeladen werden. Bei genauer Betrachtung lässt sich sogar erkennen, dass die Kuppe nicht waagerecht, sondern schräg abgeschnitten ist, da die Glättungskondensatoren in diesem Zeitbereich gerade nachgeladen werden. Die Analyse im zugehörigen Balkendiagramm zeigt, dass der größte Teil dieser Verzerrung aus der fünften Harmonischen besteht. Mit 11,6 V bei 250 Hz trägt sie 4,9% der insgesamt 5,3% in der Netzspannung enthaltener »Fremdfrequenzen« bei. Die anderen Oberschwingungen sind mit nur unbedeutenden Anteilen vertreten, die so gering sind, dass sie im Balkendiagramm (zu Deutsch »Benchmarks«) gar nicht angezeigt werden. Das ist typisch für aus Einphasenlasten wie Schaltnetzteilen stammende Spannungs-Verzerrungen, wenn die einphasigen Endstromkreise einem Drehstromsystem entstammen und die Einphasenlasten halbwegs gleichmäßig auf die drei Außenleiter verteilt sind – obwohl im Strom selbstverständlich die dritte Harmonische dominiert. Auf die Zusammenhänge wird noch einzugehen sein.