Einleitung:
Kupfer, Messing und Bronze sind seit Jahrtausenden bewährte, ökologische Werkstoffe. Dabei nimmt Messing einen besonderen Platz ein, weil es nicht nur ein vielseitiger, sondern gleichzeitig auch ein preiswerter Werkstoff ist. Ein Werkstoff ist immer ein Kompromiß zwischen spezifischen Eigenschaften, Korrosionsbeständigkeit, Verarbeitung und nicht zuletzt Preis.
Zerspanungs- oder Automatenmessing hat sich für viele Anwendungsfälle als optimaler Werkstoff erwiesen. An zahlreichen Werkstoffen, so auch bei Fertigteilen aus Messing, werden gelegentlich Risse beobachtet, die bis zur Zerstörung der betreffenden Bauteile führen können. Diese Risse können bereits nach wenigen Minuten oder erst nach mehrjährigem Gebrauch auftreten, ohne daß eine auf den ersten Blick erkennbare Ursache vorliegt. Es handelt sich hierbei um eine seltene Form der Korrosion, die von Materialspannungen ausgelöst wird. Diese Korrosionsart wird als Spannungsrißkorrosion bezeichnet.
Wesen der Spannungsrißkorrosion:
Die Spannungsrißkorrosion ist verglichen mit anderen Schadensursachen spektakulär, weil sie überraschend und ohne erkennbare Anzeichen auftritt. Sie erscheint subjektiv häufig, jedoch zeigen Zahlen, daß ihr Auftreten im Vergleich zu anderen Schadensursachen tatsächlich nur gering ist. Spannungsrißkorrosion ist bei einer Vielzahl von Werkstoffen bekannt.
Beispielsweise können Aluminium-, Blei-, Magnesium-, Nickel- und Titanlegierungen, austenitische und niedriglegierte Stähle, aber auch Kunststoffe anfällig gegenüber Spannungsrißkorrosion sein.
Spannungsrißkorrosion kann aber nur dann eintreten, wenn gleichzeitig drei Bedingungen vorliegen:
- Der Werkstoff muß aufgrund seiner chemischen Zusammensetzung anfällig gegen Spannungsrißkorrosion sein.
- Der Werkstoff muß unter deutlichen Zugspannungen stehen.
- Der Werkstoff muß einem spezifischen korrosionsfördernden Medium ausgesetzt sein.
Es ist unerheblich, ob Zugspannungen von außen aufgebracht werden oder als innere Spannungen vorliegen. Hingegen lösen Druckspannungen keine Spannungsrißkorrosion aus. Bei Messing wird Spannungsrißkorrosion fast ausschließlich durch Ammoniak oder ammoniakalische Verbindungen in Gegenwart von Wasser oder Wasserdampf ausgelöst. Obwohl Ammoniakgehalte in der Umgebungsatmosphäre nie gänzlich auszuschließen sind, wird Messing seit Jahrzehnten ohne Probleme im Außenbereich oder als Kontaktwerkstoff vielseitig eingesetzt. Häufig aus Unkenntnis werden unklare Schadensfälle in Zusammenhang mit Spannungsrißkorrosion gebracht. Genaue Untersuchungen belegen jedoch, daß diese Fälle in der überwiegenden Zahl auf völlig andere Ursachen zurückzuführen sind.
Maßnahmen zur Vermeidung von Spannungsrißkorrosion:
Um Spannungsrißkorrosion auszuschließen, haben sich in der Praxis einfache Maßnahmen bewährt.
Beseitigung von Spannungen
Der sicherste Weg, der Spannungsrißkorrosion vorzubeugen, ist die Beseitigung von Zugspannungen im Werkstoff. Dies kann durch eine einfache Wärmebehandlung erreicht werden. Deshalb sollte, soweit möglich, weiches Material eingesetzt werden.
Sind höhere Festigkeiten erforderlich (Zustand halbhart oder hart), sollte das Fertigteil nach dem letzten Fertigungsschritt, z. B. dem Spanen, durch eine Anlaßbehandlung bei ca. 280 °C entspannt werden. Bei längeren Lagerzeiten sollte vor allem bei Halbzeugen, bei denen aufgrund der Form mit ungleichmäßigen Zugspannungen zu rechnen ist (Kantstangen, Rohre, Profile und Profilrohre), bevorzugt entspanntes Material bestellt werden.
Fernhalten schädigender Medien
Häufig tritt als begünstigendes Medium in der Atmosphäre angereichertes Ammoniak auf. In der Landwirtschaft (Viehställe) entwickelt sich häufig eine feuchte ammoniakhaltige Atmosphäre. Bei Bauteilen aus Messing, die unter Zugspannungen stehen, ist Vorsicht geboten. Dagegen ist Messing im häuslichen Sanitärbereich weit verbreitet und macht nahezu keine Probleme. Messing sollte, wie andere Werkstoffe auch, trocken transportiert und gelagert werden.
Maßnahmen bei Konstruktion und Einbau
Einer Spannungsrißkorrosion kann durch eine günstige Spannungsverteilung im Bauteil vorgebeugt werden. Vermeiden von Kerben, Hinterschneidungen oder scharfen Kanten bedeutet Reduzierung unnötig hoher Spannungen.
Gleiches gilt für ausreichende Querschnitte an stark belasteten Stellen. Material sparen heißt am falschen Ende sparen, denn Messing ist preiswert.
Bei Verbindungsarbeiten darf generell keine Gewalt angewendet werden. Zuviel Dichtungsmaterial (überhanfung) ist zu vermeiden.
Fazit:
Spannungsrißkorrosion bei Messing kann durch Beachtung einfacher Hinweise und Maßnahmen wirkungsvoll vermieden werden. Beobachten Sie einmal im Alltag, wieviele Bauteile aus Messing im Einsatz sind. Messing ist und bleibt ein preiswerter und zugleich funktionsgerechter Werkstoff.
Nutzen Sie die Erfahrungen der Hersteller und des Deutschen Kupfer-Institutes (DKI), die Ihnen gerne beratend zur Seite stehen!